Pressemitteilung
Kundgebung in Leinfelden-Echterdingen
Einzelhändler wollen nicht mehr leise leiden
Die Einzelhändler haben eigentlich nur diese eine Bitte. Foto: Jacqueline Fritsch
In Leinfelden-Echterdingen haben sich Geschäftsleute zu einer Kundgebung versammelt und die Öffnung des Einzelhandels gefordert. Sie sagen, es gehe so nicht mehr weiter.
Leinfelden - Britta Hornickel ist Einzelhändlerin. In Zeiten der Coronapandemie ist das Beschreibung genug, um erahnen zu können, wie es ihr geht. „Man sitzt zu Hause und ärgert sich. Man sitzt im Laden und ärgert sich“, sagt sie. Dieser Zustand müsse nun ein Ende haben, deshalb hat Britta Hornickelandere Einzelhändler aus Leinfelden-Echterdingen zu einer Kundgebung zusammengetrommelt. „Wenn wir nächste Woche nichts Positives von der Politik hören, machen wir Filderstadt und andere mobil“, sagt Hornickel, „und wenn wir einen Marsch nach Stuttgart runter machen. Egal was, wir zeigen, dass wir nicht mehr aufhören.“
Annähernd 20 Einzelhändler haben sich am Mittwoch dieser Woche auf dem Neuen Markt versammelt, um eine Botschaft an die Politik zu senden: „Lasst uns öffnen“. Die Veranstalter Britta Hornickel und Ilona Koch, CDU-Gemeinderätin, betonen, dass sie keine Gegner der Coronamaßnahmen oder gar Querdenker sind. Sie wollen sich nur gegen die Ungerechtigkeit auflehnen, die die Coronapolitik ihrer Meinung nach mit sich bringt. „Warum dürfen große Händler ihr volles Sortiment anbieten und es sogar noch erweitern?“, fragt Britta Hornickel, „wir Kleinen könnten das Hygienekonzept besser umsetzen als die Discounter, die offen haben dürfen“.
Ungerechtigkeit und keine Perspektive
Es ist die Ungerechtigkeit, die die Teilnehmer der Kundgebung aufregt, außerdem die Perspektivlosigkeit. Hatice Reith hat erst vergangenen September einen Stoffladen in Leinfelden eröffnet. „Ich habe Umsatzeinbrüche von mehr als 70 Prozent“, sagt sie. Die Kunden würden sie noch nicht so gut kennen, dass sie online bei ihr einkaufen oder Click & Collect nutzen. „Bei Stoffen ist es wichtig, dass man sie anfassen kann. Es würde mir sehr helfen, wenn ich wenigstens einen Kunden in den Laden lassen dürfte“, sagt Reith.
An der Kundgebung auf dem Neuen Markt beteiligt sich auch Oberbürgermeister Roland Klenk. Er möchte, dass der Einzelhandel und die Gastronomie nach der Pandemie noch die Stadt beleben. „Die ausschließliche Orientierung an Inzidenzwerten muss ein Ende haben“, sagt er. Es sei notwendig, dass die Kundgebung den Einzelhändlern über die Stadt hinaus eine Stimme gibt. „Die Stadt und der Gemeinderat stehen hinter dem Einzelhandel, auch und gerade in diesen schwierigen Zeiten“, sagt Klenk. In den kommenden Wochen werde ein neues Stadtmarketingkonzept aufgestellt, das den Einzelhandel in den Fokus nehme.
Erhebliche Umsatzeinbußen
Die Verzweiflung unter den örtlichen Einzelhändlern ist greifbar. Britta Hornickel spricht von erheblichen Umsatzeinbußen. Sie konnte die Winterware in ihrer Wollboutique nicht vollständig verkaufen, weil im Dezember der Lockdown dazwischenkam. Nun würde die Frühjahrsware in den Regalen stehen, deren Verkauf nun nicht anlaufen kann. „Viele haben investiert. Auch ich habe ein Luftreinigungsgerät gekauft. Bei uns in den Läden kann man gut Abstand halten, und es gibt nachweislich keinen Coronafall in L.-E., der aus dem Einzelhandel kommt.“
Ilona Koch, CDU-Stadträtin, ist nicht im Einzelhandel tätig, hat im Vorfeld der Kundgebung aber mit einigen Betroffenen gesprochen. „Viele sind sehr verzweifelt und frustriert“, sagt sie, „wenn man wenigstens wüsste, bis wann und warum man zuhaben muss.“ Wenn sich die Minister der Länder am kommenden Mittwoch wieder mit der Kanzlerin über die nächsten Schritte beraten, verlangen die Einzelhändler Antworten. Wenn die nicht positiv ausfallen, plant Britta Hornickel weitere Kundgebungen und Aktionen, sagt sie. „Wir zeigen, dass wir da sind.“
Externe Quelle:
Blick in die Nachbarschaft
Fünf Blicke auf
das Corona-Jahr
Spätestens seit März ist die Welt im Ausnahmezustand.
Was macht das mit Menschen? Von unserer Redaktion
Es dürfte niemanden geben, an
dem die Corona-Pandemie
und ihre Auswirkungen vorbeigegangen
sind. Das Virus hat die
Welt im Griff, auch wenn inzwischen
durch den Impfstoff Licht am Ende
des Tunnels zu sehen ist. Die vergangenen
Monate haben Spuren hinterlassen.
Wie sehr, das hängt auch von
den Berufen ab, mit denen die Menschen
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Recht bald im Frühjahr war der
Begriff systemrelevant in aller Munde.
Beispielsweise Klinikpersonal,
Kassiererinnen, Pfleger – sie hatten
alle Hände voll zu tun. Andere Branchen
meldeten indessen Kurzarbeit
an oder mussten schlimmstenfalls
Angestellte entlassen. Wieder andere
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von zu Hause aus ausüben zu können.
Wobei dies vor allem während
der Schul- und Kita-Schließungen
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geworden ist.
Auch wenn sich die Folgen der
Krise pauschal auf Berufsgruppen
herunterbrechen lassen, so dürfte
doch jeder Einzelne ganz eigene Erfahrungen
mit der Pandemie und
ihren Folgen gemacht haben.
Wir haben mit Menschen von der
Filderebene über das merkwürdige
Jahr 2020 gesprochen und uns erzählen
lassen, wie sie mit der neuen
Normalität umgegangen sind. Das
Ergebnis sind fünf ganz unterschiedliche
Blickwinkel auf die Krise.
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